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1883 1904 Nach dem Abitur Beginn eines Architekturstudiums an der Technischen Hochschule in Dresden. Dort lernt er die älteren Kommilitonen Ernst Ludwig Kirchner und Fritz Bleyl kennen. Schließt sich ihnen beim gemeinsamen künstlerischen Arbeiten als Autodidakten an. Erste Holzschnitte und das früheste, heute noch erhaltene Ölbild (heute im Brücke-Museum) entstehen. 1905 Heckel arbeitet zum Broterwerb als Zeichner im Büro eines Architekten (bis 1907). – Erste Begegnung mit Werken Vincent van Goghs in der Dresdner Galerie Arnold; im folgenden Jahr mit Edvard Munch im Sächsischen Kunstverein, 1907 mit Gauguin und Cézanne in Berliner Ausstellungen. 1906 Max Pechstein, der Schweizer Cuno Amiet und Emil Nolde (dieser nur bis November 1907) treten als aktive Mitglieder bei. Daneben bemüht sich die Gruppe mit zunehmenden Erfolg, sog. passive Mitglieder zu gewinnen, die ihre Arbeit begleiten und fördern und für die „Brücke“ alljährlich eine Mappe mit Originalgraphik zusammenstellen wird. Heckel übernimmt die Aufgabe eines Geschäftsführers (in der er sich gelegentlich mit Schmidt-Rottluff abwechselt). In dieser Eigenschaft organisiert er in den folgenden Jahren die zahlreichen Wanderausstellungen der Gruppe. (Für die Jahre bis 1913 sind 75 Stationen bekannt.) Heckel mietet einen leerstehenden Laden in der Friedrichsvorstadt (Berliner Straße 60), der zum ersten gemeinsam genutzten Atelier wird. Die Dienstwohnung seiner Eltern liegt schräg gegenüber (Nr. 65) und ist bis auf weiteres die Geschäftsadresse von „Brücke“.
1907 Im Sommer erster langer Aufenthalt zusammen mit Schmidt-Rottluff im oldenburgischen Seebad Dangast, bzw. in Dangastermoor, dessen Landschaft seine Malerei in diesem und den folgenden drei Jahren stark prägen wird. In Hamburg persönliche Begegnung mit dem Juristen Gustav Schiefler, der die Brücke-Künstler bis in die 30er Jahre als väterlicher Mentor, Sammler und Publizist begleitet. Im Oktober Rückkehr nach Dresden. Eigenes Atelier in der Mansarde über der elterlichen Wohnung. Erste Lithographien entstehen (65 in diesem Jahr). |
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1908 Aufenthalte in Hamburg und Berlin. 1909 Im Sommer gemeinsam mit Kirchner und ihren Modellen, darunter die noch kindlichen Fränzi und Marcella, an den Moritzburger Teichen bei Dresden. Das Arbeiten an bewegten Szenen im Freien geübt.- Anschließend bis Dezember wieder in Dangast. 1910 Im Herbst eine große „Brücke“-Ausstellung in der Dresdner Galerie Arnold, zu der die Künstler einen Katalog mit in Holz geschnittenen Abbildungen von ihren Bildern gestalten. Höhepunkt der engen Zusammenarbeit mit Kirchner in dessen Atelier und wiederum an den Moritzburger Teichen. Oft malen beide Seite an Seite das gleiche Motiv. Im Spätherbst Bezug eines neuen eigenen Ateliers an der Falkenbrücke 2a. Heckel lernt die Tänzerin mit dem Künstlerpseudonym Sidi Riha (mit bürgerlichem Namen Milda Georgi, geboren 1891) kennen, die von nun an sein wichtigstes Modell und unter dem Namen Siddi seine lebenslange Partnerin wird (Eheschließung 1915). |
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1911 Im Sommer, zusammen mit Siddi, erster längerer Aufenthalt an der Ostsee, in Prerow auf dem Darss. Danach ein letztes Mal an den Moritzburger Teichen. Im Dezember Wechsel von Dresden nach Berlin, wo Heckel mit Siddi eine Dachwohnung in der Mommsenstraße 60 (heute Markelstraße) bezieht, deren Dürftigkeit sie durch selbstgebatikte und bemalte Stoffe verkleiden. 1912 Die Galerie „Der Sturm“ (Herwarth Walden) beginnt ihre öffentlichkeitswirksame Ausstellungstätigkeit mit „Brücke“ und „Blauer Reiter“. Auch die Galerie Gurlitt präsentiert die Werke der Künstlergruppe. Israel B. Neumann wird in den folgenden Jahren sein wichtigster Graphik-Händler. In Köln findet die international ausgerichtete Sonderbundsausstellung statt, in deren Rahmen „Brücke“ neben den großen Malern der Gegenwart an die Öffentlichkeit tritt. Auch haben Kirchner und Heckel den Auftrag erhalten, einen Kapellenraum, der den Glasfenstern von Thorn-Prikker gewidmet ist, auszumalen. Aufenthalt mit Siddi auf der Ostsee-Insel Hiddensee und Besuch bei Kirchner und dessen Partnerin Erna Schilling, die den Sommer auf Fehmarn verbringen. – In diesen und dem folgenden Jahr wiederholte Aufenthalte in Caputh bei Potsdam. Von seinem Bruder Manfred, der als Eisenbahnbauingenieur in Deutsch-Ostafrika tätig ist, erhält er afrikanische Objekte, die Bestandteil seiner Ateliereinrichtung bilden werden. Beginn einer intensiven Dostojewski-Lektüre, die seine künstlerische Arbeit mit Motiven bereichert. 1913
Die erste Einzelausstellung Heckels findet in der Berliner Galerie von Fritz Gurlitt statt.
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Im Juni ist er bei der Familie Schiefler in deren Landhaus in Mellingstedt an der Alster (vor den Toren Hamburgs) zu Gast. Zuvor erkundet er die Küste der Flensburger Förde und findet in dem winzigen Dorf Osterholz den Ort, an dem er mit Siddi von nun an alljährlich – mit der Unterbrechung durch den 1.Weltkrieg – Sommer und Herbst verbringen wird. Der einsame, durch die Steilküste geschützte Strand ist Schauplatz all der Badeszenen, die er in diesen Jahren zeichnen wird, und das hügelige Hinterland (Angeln) unerschöpflicher Gegenstand seiner Landschaftsmalerei bis 1943. Im Spätsommer langes Krankenlager Siddis in Berlin. Heckels Bildwelt verdüstert sich. Trotzdem erweist sich 1913 als eines der produktivsten Jahre in seinem Werk. 1914 1915 - 1918 Er wird im März 1915 in einen Sanitätszug nach Flandern versetzt, der unter der Leitung seines Freundes Walter Kaesbach steht. Dieser zieht vor allem Maler und Intellektuelle zu seiner Truppe und ermöglicht ihnen durch geschickte Diensteinteilung, neben ihren Pflichten in einem gewissen Ausmaß der künstlerischen Arbeit nachzugehen. Heckel lernt auf diese Weise neben den Malern Max Kaus, Anton Kerschbaumer und Otto Herbig den Juristen und Dichter aus dem Kreis um Stefan George, Ernst Morwitz, kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden wird. Morwitz, der Heckels allmähliche Wandlung als Künstler zu einer neuen Klassizität fördert, vermittelt ihm literarische Anregungen, u.a. die intensive Lektüre von Hölderlin und Jean Paul. |
![]() Heckel als Sanitäter in Ostende mit Ernst Morwitz (links) und Anton Kerschbaumer (rechts) Der Sanitätszug wird in Ostende stationiert, wo Heckel mit einer kurzen Unterbrechung in Gent, bis zum Kriegsende 1918 Dienst tun wird. Ab 1916 übernimmt er von Kaesbach, der zum Rotkreuz-Delegierten ernannt wird, die Leitung des Sanitätszuges. ![]() Krankensammelstelle der 4. Armee bei Poelcapelle, 1915 (Heckel in der Mitte) |
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Er schließt mit dem in der Nachbarschaft lebenden James Ensor Bekanntschaft. Zur Weihnachtsfeier für die Krankensammelstelle malt Heckel 1915 auf zwei zusammengenähten Zeltbahnen die sog. Ostender Madonna, die Kaesbach anschließend in der Nationalgalerie in Berlin deponieren lässt. Sie wird in der Nachkriegszeit sein populärstes Werk sein. Trotz des Krieges werden durch Aufsätze und durch Abbildungen in Kunstzeitschriften, durch Auflagendrucke von neu entstandenen Graphiken und über den Kunsthandel in den großen Städten die Werke der Expressionisten verbreitet. Besondere Verdienste erwirbt sich dabei der Kunstsalon Ludwig Schames in Frankfurt am Main, der 1916 seine erste Heckel-Ausstellung veranstaltet. Siddi übernimmt die Aufgabe der Sachwalterin in Heckels Berliner Atelier. Am 15. November 1918, vier Tage nach dem Waffenstillstand, wird Heckel aus dem Militärdienst entlassen und kehrt nach Berlin zurück. – Er ist Gründungsmitglied im „Arbeitsrat für Kunst“ und nimmt für kurze Zeit an der „Novembergruppe“ teil. Noch im Dezember dieses Jahres kauft die Nationalgalerie Berlin für ihre neugegründete Abteilung der Moderne zwei Gemälde Heckels an. 1919
Im Dezember bezieht das Ehepaar in Berlin eine neue Atelierwohnung in der Emserstraße 21 (Wilmersdorf). Durch Morwitz wird Heckel in den Freundeskreis um Stefan George eingeführt, ohne jedoch dem Dichter, der seine Kunst ablehnt, jemals persönlich zu begegnen. Auf Anregung Kaesbachs beruft Ludwig Justi Heckel in die Ankaufskommission der Nationalgalerie für die im Kronprinzenpalais aufzubauende Sammlung zeitgenössischer Kunst. Die Kestner-Gesellschaft in Hannover veranstaltet die erste umfassende Heckel-Ausstellung (mit 230 Werken). - In Zusammenarbeit mit dem Kunsthändler I.B. Neumann in Berlin entstehen die ersten Auflagendrucke nach dem Krieg. 1920Nach dem Sommeraufenthalt in Osterholz, bei dem sich Heckels auch an der landwirtschaftlichen Arbeit beteiligen, reisen sie im Herbst über Tübingen an den Bodensee. Es ist die erste der von nun an alljährlich, meist im Frühjahr stattfindenden Reisen nach Süddeutschland und später auch ins europäische Ausland, von denen Heckel eine reiche Ausbeute an Zeichnungen nach Hause zu bringen pflegt. |
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1921 I.B. Neumann gibt die Mappe „11 Holzschnitte“ mit Arbeiten aus den Jahren 1912 bis 1919 in einer Auflage von 40 Exemplaren heraus. 1922 - 1925 1923 ist Otto Mueller für einige Wochen mit in Osterholz. Als sog. Sommerkinder pflegen alljährlich ein oder zwei der Söhne und Töchter von Heckels Schwester oder von Freunden ihre Ferien mit Heckels an der Förde zu verbringen und die Strandszenen zu bereichern. 1926 und 1929 1927 Längerer Aufenthalt in Würzburg, wo Heckels auf dem Gut der Malerin Gertraud Rostosky zu Gast sind. 1928 - 1929 1929 erwirbt Max Sauerlandt für das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe die Holzskulptur „Große Stehende“ aus dem Jahr 1912, die seit 1937 verschollen ist. 1930 Er beginnt den Brauch, zum Jahreswechsel einen kleinen Holzschnitt mit symbolischer Botschaft an die Freunde zu verschicken. Bis 1968 entstehen 38 solcher sog. Jahresblätter. Immer häufiger wird er nun zur Geschichte von „Brücke“ befragt. - Siddi beschäftigt sich mit der Erfassung des bisher entstandenen Werks. 1931Der Chemnitzer Kunstverein „Kunsthütte“ veranstaltet eine Retrospektive mit 100 Gemälden aus den Jahren 1906 bis 1930. Den Katalog stattet Heckel mit Original-Holzschnitten aus. Im gleichen Jahr erscheint in der Reihe „Junge Kunst“ eine erste schmale Monographie. Autor ist der Mitarbeiter der Nationalgalerie, Ludwig Thormaehlen. – Gleichzeitig erscheint im Euphorion-Verlag (Ernst Rathenau) als erster Band in der Reihe „Graphik der Gegenwart“ ein Überblick über sein druckgraphisches Werk, ebenfalls mit Originalholzschnitten ausgestattet. |
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1933 - 1936 Noch werden seine Werke aus neuerer Zeit ausgestellt und publiziert. Das Kronprinzenpalais kauft noch Zeichnungen von ihm an. Innerhalb des Nationalsozialismus wird darüber gestritten, ob der Expressionismus als legitime deutsche Kunst anzuerkennen sei. – Unter einem Aufruf von Kulturschaffenden aus allen Sparten, den der „Völkische Beobachter“ am 17. August 1934 veröffentlicht, findet sich auch Heckels Unterschrift. Sein druckgraphisches Schaffen kommt zum Erliegen. 1935 erster Besuch bei Walter Kaesbach in Hemmenhofen am Bodensee. 1936 wird der Deutsche Künstlerbund zwangsweise der Reichskammer der Bildenden Künste angegliedert. Eine letzte Ausstellung des Künstlerbundes in Hamburg, an der auch Heckel beteiligt ist, wird nach wenigen Tagen von der Regierung geschlossen. Reise nach Sizilien. Im Herbst längerer Aufenthalt am Untersee (Bodensee). Im November stirbt Heckels Bruder Manfred in Dresden an einem Gehirnschlag. 1937 1939 1940 - 1943 |
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1944 Die Dörfer in der „Höri“ genannten Gegend am Untersee, nahe der Schweizer Grenze, beherbergen in den letzten Kriegsjahren und der ersten Nachkriegszeit zahlreiche Künstler und Intellektuelle, die hier für einige Jahre Zuflucht finden. 1945 In Überlingen am Bodensee wird auf Initiative von Walter Kaesbach die erste Ausstellung moderner Kunst nach dem Krieg veranstaltet. Heckel liefert den Holzschnitt für den Umschlag des kleinen Katalogheftes. Er beginnt nach langer Unterbrechung mit der Herstellung von Lithographien, die er mangels Lithostein und mangels Duckerpresse auf Gartentrittplatten aus Solnhofer Schiefer von Hand druckt. 1946 - 1948 Dank Einladung durch amerikanische Freunde ist im Winter 1947/48 ein erster Aufenthalt in den Schweizer Bergen (bei Flims in Graubünden) möglich. Der Arzt Dr. Lovis Gremliza gibt mit seiner „Lovis-Presse“ in Schwenningen den auf der Höri lebenden Künstlern, so auch Heckel, die Gelegenheit, zum ersten Mal wieder Auflagendrucke von ihrer Graphik zu machen. – Der Obstbauer Paul Weber im nahe gelegenen Bodman wird, beraten von Walter Kaesbach, zum Kunstsammler und verhilft den Malern auf der Höri zu den hochwillkommenen Naturalien. |
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1949
Heckel wird im Herbst als Professor für Malerei an die nach dem Krieg wiedereröffnete Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe berufen. Er übt seine Lehrtätigkeit bis zum Jahr 1955 aus, behält aber in dieser Zeit seinen Wohnsitz in Hemmenhofen. |
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1950 - 1955 Der Einsatz für seine Schüler, die Teilnahme an Jurys und andere Verpflichtungen lassen wenig Zeit für seine eigene Malerei. - Es beginnt aber auch die Zeit der öffentlichen Ehrungen; der 70. Geburtstag ist Anlass für retrospektive Ausstellungen; der Kunstmarkt blüht auf und entdeckt von neuem die frühe Moderne; die Expressionisten werden zu Klassikern, während die zeitgenössische Kunst ganz andere Wege geht. Dennoch wählt man Heckel 1950 im wiedergegründeten „Deutschen Künstlerbund“ zum Vorstandsmitglied. Ebenso ist er Gründungsmitglied des Künstlerbundes Baden-Württemberg. – Die erste „documenta“ in Kassel präsentiert Arbeiten auch der ehemaligen Brücke-Maler. 1953 wird ein kleines Haus, erbaut am Hang oberhalb des Dorfes, bezugsfertig. Heckels werden es ab 1955, nach dem Rückzug aus dem Lehramt, bewohnen. Von 1955 bis 1965 alljährliche Sommeraufenthalte im Oberengadin, aber auch wieder im Tessin und an den Mittelmeer- und Atlantik-Küsten. Ein reiches Alterswerk entsteht. Bei diesen Reisen und Aufenthalten werden Heckel und seine Frau meist von seinem Freund Ernst Morwitz und dessen Gefährtin Olga M. Perlzweig begleitet. Morwitz lebt in den USA, wohin er 1938 emigriert war. 1956 - 1963 |
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1963, aus Anlass des 80.Geburtstages, gewichtige Ausstellungen in Berlin, Hamburg, Essen, Karlsruhe, Stuttgart und München. – Heckel vollendet seine letzten vier Leinwandbilder. 1964 - 1965 Das Museum Folkwang in Essen erwirbt das annähernd komplette Archiv der Druckgraphik. In Berlin ergeht der Beschluss zum Bau des Brücke-Museums, das als Stiftung von Schmidt-Rottluff dessen Nachlass aufnehmen wird. Heckel wird sich in den folgenden Jahren mit umfangreichen Schenkungen aus seinem Bestand an eigenen Werken wie auch solchen der anderen Brücke-Künstler am Aufbau der Sammlung beteiligen. 1966 - 1967 Heckel wird in den Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste gewählt. In Berlin eröffnet das Brücke-Museum unter der Leitung von Leopold Reidemeister. – Heckel übergibt der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe ein umfangreiches Werkkonvolut als Stiftung. Das Altonaer Museum in Hamburg erhält u.a. seine Sammlung bemalter Postkarten als Geschenk. |
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1968 - 1970 Im Mai 1968 erleidet Heckel im Tessin einen Schlaganfall, kann aber nach einem Aufenthalt in einer Klinik nach Hemmenhofen zurückkehren. Er stirbt am 27. Januar 1970 im Krankenhaus Radolfzell. |
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Siddi führt seine Vermächtnisse fort und schafft die Voraussetzung für eine geordnete Verwaltung des Nachlasses. 1977 wird sie mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse ausgezeichnet. Sie stirbt am 9. Mai 1982, 91jährig, in Hemmenhofen. |